100% Einsatz in unseren „Woyzeck“-Proben - dann kam das Aus

Vor knapp zwei Jahren entschieden wir uns dazu, DSp als Wahlpflichtkurs zu belegen. Mir war klar, worauf wir hinarbeiten würden. Gelungene Aufführungen wie Hamlet, Hexenjagd und Romeo und Julia der Jahrgänge vor uns haben dies gezeigt. So etwas wollten wir auch!

Doch nichtsdestotrotz war am Anfang eine gewisse Unsicherheit da, da ich mir unter dem Was und Wie des Unterrichtes nicht viel vorstellen konnte. Zunächst ohne Erfahrung wurden die anderen und ich zunächst Stück für Stück in die Welt des Theaters hineingeführt und unser Horizont wurde über die anfänglichen Barrieren erweitert. Was sind theatrale Mittel? Wie spricht man so, dass auch die Zuschauer in den hinteren Reihen etwas verstehen? Welches Kostüm hat welche Wirkung? Wie baut man Szenen? Wie wirkt man überzeugend?

Zu Produktionsbeginn unseres eigenen Stückes war in unserer Gruppe bereits ein solides Fundament an Grundlagenwissen geschaffen worden. Aber nicht nur das hatten wir gemeinsam erreicht, sondern auch die Entwicklung von fehlender Vertrautheit bis hin zu einer gut funktionierenden Gruppengemeinschaft.

Die Zeit vom Beginn unserer Produktion bis zu den Osterferien war schön und eine großartige Erfahrung! Es hat Spaß gemacht, ein so altes Stück wie Büchners „Woyzeck“ in eine moderne Fassung umzuschreiben. Sich nach und nach die Szenen zu erarbeiten und dabei Probleme zu beseitigen und Erfolge zu feiern.

Für mich persönlich war es am Anfang nicht einfach, mich in die Rolle des Protagonisten Woyzeck hineinzuversetzen und ihn zu spielen. Ich konnte mich mit der Rolle des sozialen Underdogs nicht identifizieren und war nach den Stunden oft unzufrieden. Ich fragte mich, warum wir nicht einfach ein Stück mit „normaleren“ Personen nehmen konnten. Die Woyzeck-Rolle war mir teilweise peinlich und unangenehm. Und nicht nur mir ging es so. Auch für die anderen war die Rollenübernahme ungewohnt und teils unangenehm. Das ist natürlich und normal, da das Schauspiel etwas von dir verlangt, von dem man im Alltag selten Gebrauch macht. Doch mit der Zeit verbesserte sich auch dies. Ich habe erkannt, worauf es beim Schauspiel ankommt. Man muss sich nicht mit der Rolle identifizieren, sondern sich nur, wenn man spielt, in sie hineinversetzen und zu jedem anderen Zeitpunkt muss man wieder man selbst sein. Des Weiteren ist es wichtig, dass man seiner Gruppe vertraut und sich gegenseitig respektiert, sodass man keine Angst hat sich zu öffnen. Spätestens am Ende hatte unser Kurs sich soweit entwickelt, dass niemand jemanden für etwas ausgelacht hat und jeder einzelne die Formel für das funktionierende Schauspiel erkennen konnte.

Das Stück war fast „perfekt“.  Anfang Juni sollte Premiere sein. Bis dahin hätten wir noch leicht die letzten noch unfertigen Szenen vollenden können. Wir hätten die letzten Mängel in Text und Aussprache beseitigen können.

Doch - die Betonung liegt auf hätten können. Corona und damit die Schulschließung im März brachte den abrupten Stopp unserer Bühnenproben. Anfänglich gaben wir nicht auf und gaben stattdessen alles, um auch von zu Hause weiter zu arbeiten. Wir wollten unsere Premiere! Wir entwarfen Skizzenpläne von verbesserten Szenen und  dachten über Plakat und Flyer nach.

Aber nun zeichnet sich das endgültige Aus für unser Stück „Woyzeck“ ab – und ich persönlich finde es sehr schade, nein; ich bin geradezu traurig darüber! Am Anfang wäre ich noch fast froh gewesen, hätte ich mich nicht vor Publikum auf die Bühne stellen müssen, doch am Ende war bei mir auch diese Hürde überwunden. Ich hatte Spaß am Theater und Lust, das mit Mühe erarbeitete Stück und das Erlernte auf der Bühne zu zeigen! 

Umso bedauerlicher ist es, dass daraus nun leider nichts wird. Es wäre eine Chance für mich und unsere Gruppe gewesen. Denn, ich meine, wer kann schon von sich behaupten, in einem Theaterstück mitgespielt zu haben!? Doch so schade es im Moment auch ist - und ich wünschte wir könnten aufführen!!! - so sollte man dennoch nicht nur mit Wehmut, sondern vor allen Dingen mit Stolz auf die letzten zwei Jahre zurückblicken. Ich denke nämlich nicht, dass all die Mühe, die Anstrengung und das Herz, welche wir in unsere Produktion steckten, umsonst waren. Denn schließlich haben wir trotzdem viel erlebt, durchgemacht und mitgenommen. Die Zeit hat Spaß gemacht, war voller Gefühlen und Emotionen! Mal waren es Glücksmomente, mal wollte man auch einfach nur nach Hause. Wir haben gelernt ,uns in eine Rolle hineinzuversetzen und dabei eine gewisse „Unangenehmlichkeitshürde“ zu überwinden. Nützliche Erfahrungen, Gefühle und Fähigkeiten, die man so schnell nicht vergisst.

Wir haben fürs Leben gelernt!

Daniel Zimny,  Q1, DSp1 Blk

Fotos: Marvin Keller


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