Back@school - Schulbeginn nach „Sieben Wochen ohne“

Abgergläubische Menschen haben Angst vor „Freitag dem 13.“ – in diesem Jahr war es bei uns in der Schule der Tag, nach dem für etwas mehr als sieben Wochen die Schule wegen der Corona-Pandemie geschlossen wurde. Genauer: Der 13. März 2020. Und was anfangs noch von vielen wie vorgezogene Osterferien bejubelt wurde, entpuppte sich schneller als gedacht als echter „Ausnahmezustand“, welcher aktuell trotz erster Lockerungen immer noch anhält.

Dabei kann man den letzten Wochen durchaus auch Positives abgewinnen, in Windeseile haben viele Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern einen Digitalisierungs-Schnellkurs durchlaufen und immer wieder neue Wege des Unterrichts ausprobiert und weiterentwickelt. Wie bei allem Neuen lief und läuft nicht alles reibungslos, ich habe aber den Eindruck, dass wir nach einem holprigen Start vor den Ferien – der auf allen Seiten z.T. weit über die Belastungsgrenze hinausging – inzwischen einen ganz guten Weg gefunden haben, sowohl Lernen zu ermöglichen als auch untereinander, was ich persönlich noch wichtiger finde, zumindest digital Kontakt zu halten.

Und dennoch können alle Videokonfernzen, Telefonate, E-Mails und Messanger-Beiträge nicht den persönlichen, direkten Kontakt ersetzen! Daher war die in der vergangenen Woche von der Landesregierung beschlossene schrittweise Schulöffung ab dem 6. Mai ein – wenn auch zunächst mit vielen Bedenken behafteter – Hoffnugsschimmer. Der Vorbereitungsaufwand, um alle Hygieneauflagen zu erfüllen, war immens, es musste innerhalb eines Tages ein komplett neuer Plan her, der die Aufteilung aller fünf 6. Klassen in drei Kleingruppen mit 8-9 Kindern berücksichtigte, Räume wurden ausgeräumt und Abstände gemessen, Mails mit Verhaltenshinweisen und Regeln geschrieben und an Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte verschickt u.s.w.  

Und dann war es auch schon so weit – Mittwoch (06.05.): Schon weit vor Unterrichtsbeginn sammelten sich im und vor dem Lehrerzimmer mit Nasen-Mundschutz versehene Lehrkräfte, stets darauf bedacht, die entsprechenden Sicherheitsabstände einzuhalten, alle ein wenig aufgeregt und angespannt, aber auch voller Vorfreude. Es war für mich ein bisschen wie das Gefühl nach den Sommerferien: „Wie wird es sein? Kann ich überhaupt noch „live“ unterrichten? Wie geht es meinen Schüler*innen? ...“ 

Ganz Ähnliches habe ich auch bei den Schüler*innen beobachtet, die sich kurz vor dem Einlass – auch überwiegend mit „Gesichtsmasken“ ausgestattet – an „ihren“ Eingängen sammelten, denen sie zur Vermeidung größerer Ansammlungen zugeteilt waren, und auf die vorbereiteten „Abstandsmarkierungen“ stellten. Dann ging es los, nacheinander einzeln ins Gebäude, erst einmal die Hände desinfiziert und schließlich im Gänsemarsch durch die Schule zum vorgesehenen Raum, dort hat jeder einen festen Platz. Mit nur 8-9 Kindern und der entsprechenden Menge an Mobiliar kommen einem die Klassenräume plötzlich so groß vor.  Ich fand es auch ungewohnt leise – nicht wie sonst nach Ferien mit aufgeregtem Geplapper und Getuschel, sondern eher etwas verhalten. Man spürte die Unsicherheit auf allen Seiten.

Und natürlich ging es nicht einfach mit Unterrichtsstoff los, viel wichtiger war der persönliche Austausch: „Wie habt ihr die letzten Wochen verbracht? Wie war euer Tagesablauf? Seid ihr mit den Aufgaben zurechtgekommen?  Habt ihr Tipps für die anderen, wie man seinen Tag strukturieren kann? Gibt es Fragen zu den Hygieneregeln?“ … und vieles mehr. Zum Teil war auch noch Zeit für Fragen zu bisher digital vermittelten Lerninhalten, aber zumindest an diesem ersten Tag der Schulöffnung war das eher nebensächlich.

Nach und nach lockerte sich die Atmosphäre, es wurde gekichert und gelacht – wobei ein Schüler fragte, ob man eigentlich auch in die Armbeuge lachen müsse, das sei ja ein bisschen wie Husten – und wie im Fluge waren die 30 Minuten, die jede Kleingruppe mit einer Lehrkraft hatte, schon wieder um, ein schneller Wechsel der Räume durch die Lehrkräfte folgte und nach drei „Stunden“ war dann auch schon der ganze Schultag geschafft. Früher als gewohnt wurde jede Gruppe zurück aus dem Schulgebäude geführt und konnte, zum Teil versehen mit neuen Aufgaben, den Heimweg antreten.

Hinterher herrschte bei uns Lehrkräften allgemeine Erleichterung, dass die Schüler*innen sich ausnahmslos vorbildlich an Abstandsregeln und Hyginevorschriften gehalten hatten und vor allem ihre Freude, wieder zur Schule gehen zu dürfen, deutlich spürbar war – uns ging es ja nicht anders! Wer hätte Anfang Februar gedacht, dass es als „Privileg“ empfunden werden könnte, zur Schule gehen zu dürfen?

Für mich blieb es, da ich nur vertretungsweise unterrichtet habe, in dieser Woche leider nur ein kurzes Unterrichts-Intermezzo, ich hoffe aber, dass sich die allgemeine Lage in absehbarer Zeit so stabilisiert, dass weitere Klassenstufen folgen und zumindest tageweise in die Schule kommen können! Ich habe es sehr vermisst, real, nicht nur virtuell zu unterrichten!

Ähnlich ging es meiner Kollegin, Frau Lüdeke, die ihren ersten Schultag nach dem „Shutdown“ folendermaßen beschrieb:

„Ich war heute Morgen einfach total glücklich, die Schülerinnen und Schüler wiederzusehen. Ich habe den ganzen Tag gegrinst, leider konnte das aber keiner hinter der Maske sehen. Auf meine Frage „Freut ihr euch denn auch so wie ich, dass ihr wieder in der Schule sein dürft?“ kam eine sehr schöne Antwort: „Ja, ich freue mich richtig. Endlich nicht mehr zu Hause sein. Meine kleine Schwester wollte immer meine Hausaufgaben machen.“ Als es dann schon nach 90 Minuten vorbei war, war ich schon etwas traurig, immerhin hat der Schreibtisch zu Hause wieder gerufen. Zum Glück kann ich morgen nochmal in die Schule und die andere 6. Klasse sehen. Darauf freue ich mich.“

Und ein Junge aus der 6b schrieb mir nachmittags in einer E-Mail seine „Gedanken zu Corona“:

Toilettenpapier hamstern, wo ist das jetzt? Toilettenpapierkrise 2020 wir haben überlebt.

Ich war noch nie so oft im Wald ´, wie in den letzten Wochen... ich habe viele Tiere gesehen, das war schön.

Ich habe ein neues Trampolin für den Garten bekommen, mal eine andere Art Sport.

Ich habe viel mit meinem Vater im Garten gebaut.

Ich habe viele bunte Snutenpullis.

Aber ich habe auch meine Freunde und alle Aktivitäten vermisst und ...hätte nie gedacht, dass ich das mal sage... ICH HABE DIE SCHULE VERMISST!!!

 

Text und Bilder: Jörg Schraplau, 07. Mai 2020


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