Die meisten der zahlreichen Europaprojekte, die am EvB laufen, haben einen langen Planungsvorlauf. Der Austausch mit Madrid, der Austausch mit Rambouillet bei Paris, die Romfahrt. Das Praktikum in Bilbao. Die Gastschüler aus Chile. Und vieles mehr. Aber es geht auch mal anders.
Als sich ganz plötzlich die Gelegenheit ergab, im Rahmen eines Erasmusprojektes einen Austausch mit Norwegen in die Wege zu leiten, handelte die Europa-Beauftragte Celia Digón-López in Windeseile, schnitzte zusammen mit ihren Co-Organisatoren Jelka Iven und Michalis Alekoglu als Einstieg ein Kurzprogramm – und alsbald landeten 10 norwegische Oberstufenschüler*innen und zwei Lehrer, Tor Kristian Brende und Pål Simen Hem, in Großhansdorf. „Velkomst!“ „Willkommen!“ „Welcome!“
Hauptthema des gemeinsamen Projektes sollen „Traditionelle Lebensmittel und Lebensmitteltrends in beiden Ländern“ sein. Ein Thema, das durch eine gemeinsame Kochaktion gestartet werden sollte. Ein Thema, das die Schüler des Englischprofils im E-Jahrgang weiter vertiefen werden, wenn sie mit Profillehrerin Ingrid Niemeyer zum Gegenbesuch nach Oslo starten.
Aber zunächst schnupperten die Norweger nach Begrüßung und Schulführung am regulären Unterricht an einem deutschen Gymnasium. Der Vergleich der Schulsysteme beider Ländern ist ein zweiter Interessenschwerpunkt der Gäste aus dem hohen Norden. Kommen sie doch alle aus unterschiedlichen Ecken rund um Oslo und sind online Unterricht gewöhnt. Es gab zunächst Deutschunterricht in der Oberstufe zu sehen. Ein wenig konnten sie sogar im Klassenraum mitmischen, ihre Deutschkenntnisse konnten sich schon sehen lassen.
Dann fanden sie sich im Forum wieder – und wurden gleich handlungsorientiert im Fach Darstellendes Spiel eingebunden. Zum Lockerwerden ein paar Warm Up-Übungen – und dann ging es für die 25 köpfige deutsch-norwegische Gruppe an eine Szenenkonzeption: „Entwerft eine Szene, in der eine Gruppe Norweger auf eine Gruppe Deutsche trifft. Es gibt einen Konflikt, der sich zunächst nicht auflöst, weil jeder nur seine Muttersprache spricht. Später finden sich Lösungen über die Lingua Franca Englisch.“ Mit Feuereifer und ohne Hemmungen waren sie dabei, die in den Spielszenen betonten sprachlichen Barrieren waren für diesen Moment verschwunden. In Deutsch, Norwegisch, Englisch - und mit Körpersprache – wurde überlegt, geredet, gelacht. Am Ende ging es auf der Bühne zum Beispiel um einen versehentlich vertauschten Koffer. Um zwei Deutsche, die sich in ihrer Bäckerei an norwegischen Touristen bereichern wollten. Um zwei betrunkene norwegische Mädchen, die von zwei deutsche Türstehern nicht in einen Berliner Club gelassen wurden – bis der Manager auf Englisch schlichtete.
Am Folgetag ging es mit der Ubahn nach Hamburg. In der Speicherstadt wurde wieder das Hauptthema ins Visier genommen: Lebensmittel. Bei einer Führung durch das Gewürzmuseum wurde deutlich, dass Hamburg und die anderen deutschen Hansestädte einen großen Anteil haben am Handel mit Gewürzen für die Küche. Ein Blick auf die Hafencity und die Elphi - und natürlich auch ein bisschen eigenständiges Entdecken standen für Viola, Frida, Jørgen, Malin, Hedda, Ada, Sivert und ihre Landsleute auch noch auf dem Plan.
Am dritten Tag dann der Höhepunkt: Das gemeinsame Kochen traditioneller deutscher Gerichte: Brezeln. Kartoffelmus mit Würstchen. Maultaschen. Rotkohl. Käsespätzle. Waffeln mit Puderzucker. Apfeltaschen mit Vanillesoße. „Wie schneidet man eigentlich Paprika?“, riefen zwei deutsche Schüler durch den Raum. „Das Messer ist zu stumpf für den Rotkohl!“, tönte es aus einer anderen Ecke. Einige hatten sich mit den Zutatenmengen verschätzt. Andere suchten ein Eisfach für ihren Hefeteig. Einfach war es nicht, aber gemeinsam ließen sich alle Probleme lösen. Am Ende saßen alle einträchtig über die üppig gefüllten Teller gebeugt. „God appetitt!“ „Tak for maten!“ „Guten Appetit!“ „Enjoy your meal!“
Und waren sich sicher – sie wollten mehr voneinander wissen, nicht nur im Bereich der jeweiligen Landesküche - und sich wiedersehen. Bei einem Gegenbesuch. Bald!
Text und Bilder: Heike Blenk