Die Kreativität braucht mehr Platz - Interview mit Frau Höckendorff (Deutsch/Darstellendes Spiel)

Ihr Job ist Lehrerin, welche Jobs beinhaltet aber dieser Job noch?

Ganz schön viele, erst mal muss ich natürlich Fachversteherin sein. Dann, das ist zwar kein Beruf, aber ich muss versuchen, in das Gegenüber quasi einzusteigen - was muss vermittelt werden? Ich muss im Prozess des Vermittelns jemand sein, wie eine Animateurin, um z.B. die Lust für meine Fächer zu erwecken. Und dann muss ich manchmal auch sowas Therapeutisches sein, oft gibt es Konflikte, Menschen, die unglücklich sind.

Ihr Unterricht ist meist sehr kreativ gestaltet - wie verbinden Sie Ihre Kreativität mit dem klassischen Bildungsauftrag eines Gymnasiums?

Es ist schon konflikthaft. Ich glaube, dass so eine kulturelle Persönlichkeitsbildung unfassbar viel voranbringt für das ganze Leben. Und ich glaube, es ist schlussendlich eigentlich auch gut, es mit dem Bildungsauftrag zu verbinden, aber das Gymnasium versteht sich manchmal kopfiger und trockener, als es mir lieb ist. Ich hab mich viel fortgebildet im Bereich Begabtenförderung, da ist der Vorteil, dass ganz viel neu gedacht wird, viel Veränderung in Schule initiiert werden soll. Jetzt habe ich meine Routine und glaube auch mehr daran, als am Anfang meiner Schullaufbahn.

Sie unterrichten Darstellendes Spiel und Deutsch, welche Rolle spielen z.B. Improvisation, Körpersprache oder Stimme auch im klassischem Deutschunterricht?

Ganz ganz viel tatsächlich, ich habe es immer als Gewinn gesehen, Theater studiert zu haben, weil man das so oft in der Schule braucht. Ich nutze ganz viel Körpersprache und versuche auch, mit der Stimme mal leiser, mal lauter arbeiten zu können. Das hilft mir, glaube ich, enorm. Dadurch kann ich mit meinen Ressourcen viel besser umgehen. Im privaten Bereich hat mir neulich wer gesagt, dass Menschen, die mit Theater zu tun haben, sich mit dem Raum verbinden können. Das klingt jetzt merkwürdig, aber das hilft mir auch sehr, dass man so auch die Räume mitbenutzen kann, bei z.B. einem Stuhlkreis, oder weiß, wo im Raum man sich platziert. 

Wie sehen Sie die Zukunft der Schule - welche Rolle spielt da die Kreativität?
Für mich eine ganz große, ich weiß, dass es leider als Erstes weggekürzt wird. Denn viele haben das Gefühl, es ist nur die Kirsche auf dem Sahnehäubchen oben drauf. Aber ich sehe es genau andersrum. Ich hab das Gefühl, dass so eine kulturelle, gesellschaftliche Verbindung das Menschsein einfach ausmacht. Und ich sehe, dass sich die Schule in vielen Bereichen wandelt, aber dass trotzdem Kultur und Kreativität viel zu weit hinten anstehen. Da es vielen Menschen gar nicht bewusst ist, was das auch leisten kann. Ich hoffe, dass sich da Stück für Stück ein Verständnis durchsetzt. Man kann so viel mitgestalten. Wenn man an Demokratieschulung oder Verantwortungsbewusstsein denkt, sind die musischen Fächer ein gutes Probierfeld.

Wie sollte sich die Schule verändern, um Raum für Kreativität und künstlerischen Ausdruck zu lassen?

Es wäre natürlich wahnsinnig schön, wenn mehr Platz für solche Fächer bestünde. Ich würde mir auch wünschen, dass DSp mehr Anerkennung findet. In dem Sinne von, dass nicht gedacht wird, es sei ein musisches Fach und deswegen sei es weniger wert oder man sei nicht ähnlich intelligent, weil man in diesem Bereich gut ist. Außerdem fände ich es schön, wenn es den Kollegen und Kolleginnen als Tool-Kasten zur Seite steht, dass sie also auch in anderen Fächern davon profitieren können. Dass es auch Einzug in die Ausbildung von der Lehrtätigkeit erhält, da der Beruf selber ganz viel mit Kreativität und Gestalten zu tun hat.

Wenn Sie völlige Gestaltungsfreiheit hätten, was würden Sie gerne mal ausprobieren?

Ich mach schon so viel! (lacht) Ich fände mal spannend, von einem Projekt auszugehen. Wo man dann ein Themengebiet hat, das im Zentrum ist, und wo man von schulischer Seite mit verschiedenen Perspektiven rangeht. Wie gestaltet sich das von der Philosophie aus, was ist da von musischer Seite? Dass man eben ein Thema von total unterschiedlichen Seiten aufarbeitet.

Wenn Sie ihre eigene Schule eröffnen würden, welches Fach würde am meisten unterrichtet werden?

Wenn es so ein Fach gäbe, das Leidenschaft entwickelt, für das, was man vermittelt. Dass man eben eine Begeisterung für etwas weitergibt, das find ich das Wichtigste. Dann ist mir eigentlich auch egal, ob es Biologie ist, Chemie oder Mathematik. Und ich würde Theater viel früher einsetzten, weil sich da total viel verbindet.

Welche drei Emojis würden Sie als Person oder Lehrerin beschreiben?

Yoga: Ich mache einfach gerne Yoga und benutze den Emoji viel. Regenbogen: Er fasst sehr sehr viele Ebenen zusammen. Kraken: Die faszinieren mich unfassbar, ich spreche mir aber deren Intelligenz nicht zu! (lacht)

Welches Fach würden Sie sonst gerne mal unterrichten?

Englisch, ich möchte aber nicht so gerne so viel Grammatik unterrichten müssen… Sonst finde ich Englisch fantastisch. Vielleicht auch Philosophie, da hätte ich aber Angst, dass mir irgendwann die Worte ausgehen.

Text und Bild: Leentje Plorin/PRESSE AG


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