Nicht nur der Adventsbasar hat am Stormarner EvB Tradition. Viele Unterstufenklassen besuchen auch ein Weihnachtsmärchen. Das Angebot ist auch 2023 groß – und die 5c entschied sich mit Deutschlehrerin Heike Blenk für „Alice im Wunderland“. Der Klassiker von Lewis Carroll wurde im Thalia Theater vom erfolgreichen Kindertheaterregisseur Thomas Birkmeir inszeniert.
Aber noch bevor es nach Hamburg ging, kam das Thalia Theater erst einmal nach Großhansdorf. Theaterpädagogin Marlene Kampwirth reiste mit einem großen Koffer an Ideen für einen Workshop an, um den Kindern die Handlung und die Figuren Alice, Hutmacher, Märzhase, Grinsekatze und Rote Königin spielerisch nahezubringen.
Und so saßen dann die Kinder der 5c in einem Kreis um sie herum und lauschten gespannt, als die Theaterfrau erzählte, dass die moderne Alice, anders als im Original, durch einen Gulli ins Wunderland fällt. Durch ein imaginäres Loch sollten die Kinder dann auch blicken und erzählen, was sie denn da erblickten. Dann sollten Reime gefunden werden, um ins Wunderland eingelassen zu werden. „Das Weiße Kaninchen ruft Alice. Sie soll mit ihm zum Palace“, dichtete da flink jemand zweisprachig.
Zu verschiedenen Szenen sollten Standbilder gebaut werden; Kampfszenen liefen in Slowmotion ab; im chorischen Sprechen übten die Kinder glaubhaft „Nein!“ zu rufen. Einige stürzten sich sofort in die Spielanlässe, andere tauten erst im Laufe der Zeit auf. Am Ende aber waren alle restlos begeistert und freuten sich jetzt noch mehr auf den Theaterbesuch.
Der begann ein paar Tage später mit einer verschneiten Ubahnfahrt mit 2x umsteigen; nicht ganz übersichtlich, da die 5a zur gleichen Zeit mitfuhr und so über 60 Menschen koordiniert werden mussten. Aber es gelang, auch mit umsichtiger Hilfe von Klassenlehrerin Nathalie Glashoff und der Paten. Richard aus der 5c hatte sich extra ein Jackett gekauft, weil er fand, dass man sich fürs Theater schick macht.
Und dann sahen alle eben nicht ein braves Mädchen am Ende des 19. Jahrhunderts, sondern eine mutige, kluge Dreizehnjährige, die einen türkischen Vater und eine deutsche Mutter hat und sich im fremden Wunderland behauptet. „Wenn man die Situation mit all den Migranten sieht, die derzeit versuchen, in einem völlig fremden Land eine neue Heimat zu finden, hat dieser Klassiker eine große Aktualität“, findet der Regisseur. „Auch Alice begegnet ihr unbekannten Wesen und Regeln und muss sich selbstbewusst zurechtfinden.“
Das Wunderland auf der Thaliabühne lebt allerdings unter totalitärer unberechenbarer Herrschaft. Niemand kann die Wahrheit sagen, ohne das eigene Leben zu riskieren. „Kopf ab!“, lautet die omnipräsente Drohung. Alle sind deswegen verdreht oder verrückt, weil nur so der Absurdität ihrer Daseinsform beizukommen ist. Auch das ja durchaus aktuell auf der Weltenbühne. Zum Glück ist Alice mit der Fähigkeit ausgestattet, Größenverhältnisse als veränderbar zu erleben und an das scheinbar Unmögliche zu glauben – so kann auch eine Tyrannin sie nicht schrecken. „Die Wirklichkeit ist ein Spielzeug, Alice, das musst du dir merken!“, ermutigt auch das Weiße Kaninchen sie.
Nach der Vorstellung, die viel Bühnenzauber, fantasievolle Kostüme, schwungvolle Musik und Action beinhaltete, gab es noch eine Führung hinter die Bühne. Wo lagern denn die Requisiten? Wie sieht Bühnentechnik aus? Wer arbeitet hier, unsichtbar für die Zuschauer? Hier war Theaterpädagogin Anne Katrin Klinge begeistert von der 5c, die neugierig und aufmerksam zuhörte und „wirklich tolle, kluge Fragen“ stellte. Das auch noch geplante Gespräch mit Steffen Siegmund, der das Weiße Kaninchen spielt, musste leider ausfallen, weil er zu einer Sprechprobe gerufen wurde.
Aber auch so kam die 5c mit reichlich neuen Eindrücken und Denkanstößen nach Hause. Mal sehen, was sie im nächsten Jahr spielen“, überlegten schon einige hoffnungsfroh.
Text: Heike Blenk
Bilder: Heike Blenk, Nathalie Glashoff und Krafft-Angerer (Bühnenfotos)