„Krabat“ – besser als Roman, Film oder Theaterstück?

Den berühmten Roman „Krabat“ von Otfried Preußler um die Knappen in der Mühle am Koselbruch hatte die 6c bereits Seite für Seite im Deutschunterricht mit Interesse gelesen. Der 1971 erschienene Klassiker basiert auf einer alten sorbischen Sage und verzauberte wegen der geheimnisvollen Handlung. Auch die spannende filmische Umsetzung um den bösen Müller und seine Schwarze Schule mit dem Stormarner David Kross in der Hauptrolle kannten die Schülerinnen und Schüler. Nun wollten sie ihre Erfahrungen vergleichen mit einem weiteren Medium: der Theaterproduktion.

Dazu ging es mit Deutschlehrerin Heike Blenk und Kunstlehrerin Susanne Krummrey ans Junge Schauspielhaus in Hamburg. Die ehemalige EvB-Schülerin Kaja Buse war auch dabei. Dort schlüpft seit der Premiere im Herbst 2024 Payam Yazdani in die Rolle des Betteljungen Krabat, der sich entscheiden muss zwischen Macht und Liebe. Zwischen Gut und Böse. Richard hatte sich extra aus Respekt für die Leistung des Ensembles ein Jackett angezogen. Alina trug eine feine Haarspange. Andere Mädchen extra Kleider.

Unter der Regie von Mathias Spaan sind es aus Mangel an Schauspielern sechs statt zwölf Müllerburschen.  Die Schauspielerin des Tonda ist in der 2. Hälfte Lobosch. Eine andere ist immer abwechselnd die Kantorka, in die sich Krabat verliebt, und ein Müllerbursche. Tonda ist ein Mädchen. Der böse Meister tritt nicht als einzelne Figur auf, sondern ist ein Teil von allen Figuren. Viele Passagen werden chorisch von mehreren Personen gespielt. Die Grundaussage bleibt gleicht, aber es werden den Zuschauern einige gedankliche Neu-Verknüpfungen abverlangt.

„Ich fand es erst komisch, dass Tonda eine Sie ist, aber es hat mich dann später nicht mehr gestört“, sagte Marlene. „Wir wollten zeigen, dass jeder Mensch ein Tonda sein kann. Ein guter, mutiger, fürsorglicher Freund“, erläuterte Schauspielerin Christine Ochsenhofer beim anschließenden  Publikumsgespräch. Sie hatte gerade noch auf der Bühne den Staško gespielt, würde es am Nachmittag noch einmal tun müssen – aber jetzt stellte sie sich, noch im Bühnenkostüm, erst einmal den Fragen der Zuschauerinnen und Zuschauer.

„Werden Sie nicht nervös, wenn so viele Menschen Sie anstarren?“ „War es für den Schauspieler des Krabat unangenehm, sich bis auf die Unterhose auszuziehen?“ „Strengt es an, immer so laut zu sprechen?“ Das gehöre alles zu ihrem Beruf, war die pragmatische Antwort. „Aber, viel interessanter, habt ihr auch den Grund für das chorische Sprechen verstanden?“, erkundigte sich Christine Ochsenhofer und strich sich ein paar Fusseln von der weißen Müllerknappen-Jacke. Einiges Kopfnicken in den Sitzreihen. Aber auch ratloses Kopfschütteln. „Durch das chorische Sprechen wollten wir betonen, dass in jedem Menschen auch etwas Böses wohnt – deshalb sollte der böse Meister in allen Figuren sein und auch aus allen sprechen“, erläuterte Staško alias Christine Ochsenhofer.

Wie der Autor erzählen sie aber auch auf der Bühne am Wiesendamm von einem totalitären System und dem wehrhaften Widerstand gegen autoritäre Kräfte. Von Werten wie Freundschaft, Freiheit, Liebe und Demokratie. Und werfen damit hochaktuelle Themen und Fragestellungen auf, über die man gerade heute mit jungen Leuten reden sollte.

Auf dem Weg zur Bahn kamen sie noch an König Claudius und seinem Sohn Hamlet vorbei, die in der Sonne einen Kaffee tranken. Die Schauspieler Josef Ostendorf und Matti Krause schwitzten in ihren Kostümen und erzählten, dass sie gerade begonnen hätten, mit Regisseur Frank Castorf Shakespeares „Hamlet“ zu proben. Auch da geht es ja um Macht und ein totalitäres System.

In der Bahn zurück sagten viele, dass ihnen „Krabat“ auf der Bühne fast besser gefallen hätte als in Buch und Film. „Es war spannend“, rief Helen. Sie mochte es zu knobeln, wie es dramaturgisch gemeint war. Christine Ochsenhofer war begeistert vom disziplinierten Zuschauen und cleveren Nachfragen. Nun könnte „Krabat“ noch seinen Niederschlag im Kunstunterricht finden.

Text und Bilder: Heike Blenk

 


Impressum | Datenschutzerklärung

Emil-von-Behring-Gymnasium
Sieker Landstraße 203a, 22927 Großhansdorf
Telefon +49 04102-4586-0
Fax +49 4102-4586-23