Das Stormarner EvB ist ein Europa-Gymnasium – die Idee der Völkerverständigung ist hier essentiell wichtig. Let diversity speak! Und so nutzt Spanischlehrerin Anastasia Kerner im Advent die Möglichkeit, einen waschechten Kolumbianer einzuladen, der mit den deutschen Schülern über das Weihnachtsfest im fernen Kolumbien reden will.
Als erstes gilt es, einen weißen Fleck auf der Landkarte der Schüler*innen des 7. Jahrganges zu schließen. „Wer weiß, wo Kolumbien überhaupt liegt?“, fragt der dunkelgelockte Iván Murillo den Spanisch-Kurs und hält motivierend eine Weltkarte hoch. Er spricht Deutsch, mit spanischem Akzent, sie lernen erst seit einigen Monaten die Fremdsprache. Zögernd heben sich ein, zwei Finger, die anderen runzeln fragend die Stirn. Nachdem die Lokalisierung geklärt ist, erfahren die Jugendlichen, dass es in Kolumbien 68 Sprachen gibt. Nun ein paar typische traditionelle Gegenstände, Murillo hält sie hoch: Eine Luffagurke. Eine Schüssel aus der Schale der Kokosnuss. Einen Wasserbeutel, aus dem man trinkt, ohne ihn mit den Lippen zu berühren. „Das ist besonders jetzt während der Corona-Pandemie praktisch“, lächelt der Kolumbianer. Eine handgemachte Tasche, deren Muster einen Traum darstellt. Eine Hose aus Bambusfaden. „Was heißt das auf Spanisch?“ Jetzt wird der Vokabelschatz der Fremdsprache aktiviert. „Pantalones!“
Und dann geht es um Weihnachten. „Was mich am deutschen Weihnachtsfest am meisten irritiert hat“, sagt der Kolumbianer, ist, dass jedes Jahr unzählige Bäume einfach gekappt und später weggeworfen werden.“ Er schüttelt den Kopf. Das gebe es in seinem Heimatland nicht. Dort würden nur eingepflanzte Bäume und Büsche bunt geschmückt.
Auch dauere das kolumbianische Fest nicht nur drei Tage, sondern einen ganzen Monat. „Wir beginnen mit dem Fest der Kerzen am 7. Dezember. Überall in den Dörfern und Städten werden Kerzen angezündet. Alles ist ab dann hell erleuchtet mit individuell verzierten Kerzen. Damit die Deutschen einen lebendigen Eindruck davon gewinnen können, zeigt er ein Video aus seiner Heimat und schüttet buntes und glitzerndes Bastelmaterial zwischen den Schüler*innen aus. Jeder erhält eine Kerze und kann sie selbst gestalten. Das lassen sie sich nicht zweimal sagen. Schnell sieht man Sterne auf dem Wachs und goldene Bänder werden geklebt.
Dann erklingt Musik, Murillo wirft einen Liedtext per Beamer an die Wand: „Feliz Navidad, feliz Navidad, Feliz navidad, rospero año y felicidad.“ Der Funke ist übergesprungen. Einige – Jungen - wiegen sich sogar ein bisschen in den Hüften. Das nutzt der charismatische Kolumbianer und bringt die Kinder dazu, mit ihm eine Cumbia zu tanzen. Er zeigt die Schritte auf der Bühne - unten, mit gebührendem Abstand voneinander, werden sie mit viel Spaß nachgeahmt. Man kann sich vorstellen, wir fröhlich und laut und bunt es in Kolumbien im Dezember zugeht.
Nachdem die 7. Klässler nach 90 Minuten mit ihren Kerzen und summend das Forum verlassen haben, füllt es sich mit größeren Schülern, dem Q1 Oberstufen-Spanischkurs. Die Mitglieder blicken bereits auf vier Jahre Spanischlernen zurück und können Iván Murillo auch in seiner Muttersprache folgen. Auch eine weitere Gruppe aus dem 7. Jahrgang wird später noch in den Genuss der kolumbianischen Weihnacht kommen. Let diversity speak!
Text und Bilder: Heike Blenk