Leuchtturmprojekt für Europa!

Dass Schülerinnen und Schüler ihre Klassenzimmer verlassen und in Berufspraktika die Welt vor ihrem Schultor erforschen, war schon lange Bestandteil von schulischer Bildung in Deutschland. Dass sie dabei aber nicht nur ihren Heimatort besser kennenlernen, sondern auch das europäische Ausland, diese Idee wurde vor 20 Jahren geboren.

Eva Karnstedt, damalige Vorsitzende des SH-Europa-Teams, und der damalige Schulleiter der Deutschen Schule Bilbao, Dr. Gottfried Thomas, entwickelten bei einer Familienfeier die Idee, einen Praktikumsaustausch zwischen dem Baskenland und Schleswig-Holstein zu ermöglichen. Damit wandten sich Eva Karnstedt und Thomas Wöller an den damaligen Schulleiter des Stormarner Europagymnasiums EvB. „Da leistete ich sehr gerne Geburtshilfe“, lachte der innovationsoffene Klaus Müller. Mit anderen Schulen in Schleswig-Holstein und der Deutschen Schule Bilbao wurde daraufhin mit viel Engagement ein ehrgeiziges umfangreiches Programm entwickelt. Betriebs- und Wirtschaftspraktika im europäischen Ausland wurden möglich! Deutsche machten Praktika beispielsweise in spanischen Kindergärten, Industriebetrieben, Restaurants. Spanier schauten sich eine deutsche Bank oder das deutsche Schulleben an, wie gerade jetzt Carlos Ruigómez.

Dass sich das Projekt um die Praktika aber über so lange Zeit so gut entwickelte, damit hatten alle Beteiligten zu Beginn gar nicht wirklich gerechnet. Umso glücklicher war man, als man sich nun im Forum des Emil von Behring-Gymnasiums zum Jubiläum traf, um das 20-jährige Bestehen gebührend zu feiern. Verschiedene EvB-Bands unter der Leitung der Musikkollegen Beate Kröger und Jörg Schraplau untermalten virtuos akustisch die festliche Stimmung. Klaus Müller war als damaliger Geburtshelfer selbstverständlich unter den Gästen – und Rednern. „Macht eure Schubladen auf – erkennt eure Gemeinsamkeiten und profitiert von euren Unterschieden. Verhindert, dass ihr euch abspaltet durch Unwissen und Vorurteile, wie aktuell gerade in Polen geschehen“ rief er leidenschaftlich in die Runde. „Bewahrt und feiert europäische Freundschaft und ein geeintes, freies Europa!“

„Feiern und Feste sind wichtig, um Erreichtes zu würdigen“, sagte auch Celia Digón López vom EvB, die sich seit 2013 als Koordinatorin des Projektes im Land Schleswig-Holstein federführend und unermüdlich kümmert. „Wir feiern 20 Jahre spannende Auslandspraktika, erweiterte Horizonte, neue Freundschaften.“ Sie dankte allen hochmotivierten Beteiligten, die das alles möglich gemacht hätten, und hoffte, dass alle Teilnehmer auch zukünftig als Multiplikatoren fungieren könnten. So gelänge ein geeintes Europa, das ja derzeit wichtiger sei denn je, sagte auch die Stellvertretende Schulleiterin Renate Schoeneich ernst. Sie dankte besonders auch der Spanierin Celia Digón López.

Björn Albrecht, der Koordinator des Projektes an der DS Bilbao sagte: „Für meine Schule ist die Teilnahme am Projekt ein sehr wichtiger Baustein im Schulprogramm und auch ein Alleinstellungsmerkmal.“ Das Projekt sei etwas ganz Besonderes und Wichtiges – trotz seiner Komplexität. „80 Praktikumsplätze müssen wir pro Schuljahr ermöglichen, das ist nicht ganz einfach.“

Die Gästeliste war lang. Gekommen war auch das gesamte Team der am Projekt beteiligten Schulkoordinatoren, die sich permanent für den Erfolg und die Entwicklung des Projektes einsetzen: Jill Teichgräber (Hebbelschule Kiel), Christine Werner (EHKS Neumünster), Marion Wolf (Nordsee Gymnasium Sankt Peter Ording), Sabine Bartmann (Herderschule Rendsburg), Frauke Dörksen, Andrea Rose und Gabriela Dunkelgod (Holstenschule Neumünster), Dorle Deh und Michael Schäufler (Baltic Schule Lübeck) und Sylke von Lindern (BBZ Mölln).

Andreas Bitzner, Bürgermeister in Siek, vertrat Janhinnerk Voß. Anmagret Lohse erschien als Vertreterin des SH-Europavereins. Neben den bereits Genannten waren da auch 40 deutsche und 40 spanische Schülerinnen und Schüler der in diesem Schuljahr teilnehmenden Europaschulen.

Nach einer kleinen Pause bei Kaffee, spanischen Keksen und Hamburger Franzbrötchen sollten die unterschiedlichen Kulturen auch in gemeinsamen Workshops erlebt werden. „Baskisch und Plattdeutsch für Anfänger“ mit Deutschlehrerin Ute Thomsen und Carlos oder „Baskischer Nationalsport „La pelota vasca“ bei Sportlehrer Christian Bahrt mit Diego und Luca wurden geboten. Bei der abschließenden Präsentation waren erste kleine Gespräche in dieser wundersamen Sprache zu hören: „Moin.“ „Moin.“ „Wo geiht die dat?“ „Mutt ja.“ Man erfuhr, dass der Ball, der beim baskischen Ballspiel mit der Hand an die Wand geschlagen werden muss, extrem hart ist.  In der Küche wurden mit den Spanischlehrerinnen Bettina Roosen und Anastasia Zunker „Baskische Pintxos mit leckerem deutschen Brot“ hergestellt. In Windeseile bog sich der Tisch unter gegrillten Paprikaschoten, karamellisierten Zwiebeln auf Ziegenkäse, Oliven-Käse-Spießen. Anhand des Films „Ocho apellidos vascos“ wurden mit der Spanischlehrerin Celia Digón López Vorurteile beleuchtet und ein Workshop verglich bei den Kunstkolleginnen Susanne Krummrey und Paula Estrada die dekonstruktive Kunst in Hamburg und Bilbao. Geschichtslehrer Robert Mohr, der zu „Guernika“ arbeiten wollte, stellte fest: „In Spanien ist dieses Ereignis durchaus ein Begriff, in deutschen Köpfen leider eher noch nicht.“

Aus dem Kultusministerium in Kiel war Andrea Heering angereist. „Hinter jeder Sprache steht eine wunderbare Kultur“, sagte sie. Man müsse Sprachen lernen und Länder erleben. Sie würdigte die viele Arbeit, die zum Gelingen nötig sei, und den Mut der jungen Menschen, sich auf das Abenteuer einzulassen und es sich zuzutrauen. Sie wünschte diesem Projekt weitere 20 erfolgreiche Jahre. Das Ministerium habe die Tragweite dieses wunderbaren Leuchtturmprojektes für Schleswig-Holstein – für Europa - erkannt. Herrlich wäre es, wenn man Ähnliches auch für die Mittelstufe anbieten könne, träumte sie. Leonnik Struck, ebenfalls aus dem Ministerium, verlieh am Ende Bescheinigungen an die Teilnehmer und versprach, dass dieses wunderbare Projekt auch weiterhin gefördert würde. „Dass wir das unabhängig vom Geldbeutel der Eltern stemmen können, ist so wichtig.“ Nur so könne wirklich jeder teilnehmen.

Juan, Marike, Romeo, Hendrick, Pablo, Paul, Fernando, Niklas, Carlos, Christiane, Diego… Ein internationales Gruppenfoto und ein gemeinsames Essen in der Mensa – zünftig deutsch mit Kartoffelsalat und Schnitzel - rundete den Festtag ab. Plötzlich erscholl ein lauter, vielstimmiger Chor – gemeinsam wurde ein spanisches Geburtstagslied für einen Besucher gesungen. Der Film, den die deutschen Schülerinnen und Schüler aus Lübeck, die gerade in Spanien waren, gedreht hatten, wurde interessiert und lebhaft diskutiert. „Selbst im Kindergarten werden Uniformen getragen.“ „So tolle Strände gibt es im Baskenland!“ „Gefeiert wird überall gerne!“ Feiern, das wollen sie auch in Zukunft tun, mit ihren neugewonnen europäischen Freunden. Und gemeinsam dafür sorgen, dass Europa geeint und stark ist.

Text und Bilder: Heike Blenk


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