„Schreibt niemals nur für die Schublade!“

Am EvB versuchen sich gerade einige Schüler*innen im Poetry Slam, heißt es. Poetry Slam? Übersetzt ungefähr: Lyrik und zuschlagen. Wie passt denn das zusammen? Was soll das sein? Das will ich herausfinden und besuche die Poetry Slammer.

Seit fast einem halben Jahr treffen sich nun schon die Schüler*innen von Frau Höckendorffs Kurs Darstellendes Spiel im Forum des Stormarner Emil von Behring-Gymnasiums, um gemeinsam an ihrem Poetry Slam-Projekt zu arbeiten. Poetry Slam ist ein moderner Dichter*innenwettstreit, bei dem Autor*innen mit selbstverfassten Texten auftreten. Sie dürfen dabei keine Requisiten oder Kostüme benutzen und haben ein Zeitlimit von maximal 6 Minuten einzuhalten. Ansonsten gibt es keine Vorgaben, wie ein Text geschrieben, oder vorgetragen werden soll. Die selbst verfassten Gedichte können also mit bestimmten Emotionen vorgetragen, also „verbal rausgezuhauen“, aber auch zum Beispiel gerappt oder besonders anschaulich betont erzählt werden. 

Lennart Hamann, der Leiter des Kurses und Poetry Slammer seit 9 Jahren, stellt drei Themen zur Auswahl: Glück, Liebe und Freiheit. Dann heißt es, den Gedanken freien Lauf lassen, sie in Worte zu fassen und eine Performance zu überlegen.

Entstanden ist das Projekt der 11. Klässler*innen ganz spontan. Als Frau Höckendorff eine Vorstellung Lennart Hamanns besuchte, war die Begeisterung groß. Das bekam auch seine Mutter mit, die durch Zufall vor ihnen saß, und schon war der Kontakt hergestellt. Lennart Hamann selbst steht auf der Bühne, seitdem er 8 Jahre alt ist, zunächst allerdings als Schauspieler und Musiker, erst später als Slammer. Vor 4 Jahren machte er sein Hobby zum Beruf.

Im zweiten Schritt hieß es dann, das Projekt genauer zu planen und einen Förderantrag zu formulieren. Denn dieses Projekt wird gefördert durch den Stabsbereich Kultur in Stormarn im Rahmen des Förderprogramms „Kultur und Schule“: www.kultur-stormarn.de. 

Nicht allen Menschen fällt es so leicht, ein Gedicht aus dem Ärmel zu schütteln, wie ihm. Sophie, eine der Teilnehmerinnen, hatte sogar eine Schreibblockade. Der Rat des Profis: ,,Schreib wenn du gerade sehr emotional bist, es wird dir viel leichter fallen, die Worte zu finden, wenn du dann einfach alles rauslässt.“ Und so kommt es schließlich auch. Sophie wählt das Thema Glück für ihren Vortrag, schreibt über ein friedliches Familienleben, das durch eine Scheidung völlig durcheinander gerät.

Die junge Slammerin schafft es, mich während ihres Vortrags komplett in ihre Geschichte einzuwickeln und ich teile ihre Emotionen beim Zuhören. Die Dramatik im Kontrast mit ruhigen, gefühlvollen Stellen geht mir sehr ans Herz. Auch der Kursleiter ist berührt und lobt Ehrlichkeit und Eigenständigkeit. „Schreibt niemals nur für die Schublade!“, motiviert er.

Mal laut, mal flüsternd, jeder der Vortragenden hat eine eigene, individuelle Art, den Zuhörer einzubinden. „Wollt ihr nicht, dass wir glücklich sind?“, fragt  Caspar in Richtung der Erwachsenen, und dann erzählt er uns in ruhigen Worten über seine persönliche Vorstellung der Freiheit. Sein Anliegen: den Schülern mehr Raum für Kreativität und Träume zu lassen. Mia erzählt von ihrem Weg, die Liebe zu sich selbst zu finden. Eine wiederkehrende Textzeile heißt „schlimmer geht immer“, aber ihr strahlendes Lächeln zeigt, dass sie die Dinge mit Humor nimmt, und ist ansteckend, der Beitrag wird vom Schmunzeln der Zuschauer begleitet. „Es ist so wichtig, sich selbst zu lieben, nur so kannst du am Ende siegen“, slammt Mia. Sie entscheidet sich für eine theatrale, humorvolle Darstellung. Lennart Hamann freut die individuelle Herangehensweise und er gibt jedem noch kleine Tipps mit auf den Weg.

Es ist das erste Mal, dass die Schüler*innen ihre Texte vor allen auf der Bühne vortragen. Das ist ein sehr sensibler Moment. Selbst Mutige, die ihre Gedichte als erste mit uns teilen, verspüren sichtlich Aufregung, die sie zu verbergen suchen. Manche Projektteilnehmer*innen verstecken sich hinter ihren Ipads, andere lächeln durchgehend und einige streichen sich die störenden Haare aus dem Gesicht. ,,Wir haben nur selten geübt, unsere Texte vorzutragen“, erzählt mir Franzi. Doch wer kennt das Gefühl nicht, wenn auf einmal alle Blicke auf sich gerichtet sind und die Gedanken im Kopf Chaos spielen. Da heißt es dann einfach Augen zu und durch.

Man merkt schnell, die Schüler*innen stecken voller Ideen, die sie mit Hilfe von Lennart Hamann und mehreren Gruppenarbeiten zu kleinen Meisterwerken umgesetzt haben. Diese wollen nun auch vor noch größerem Publikum präsentiert werden. Doch ein genauer Termin ist Corona-bedingt noch nicht geplant. Wer Interesse hat, generell life bei einem Poetry Slam dabei zu sein, kann am 25. März 2022 im Marstall in Ahrensburg vorbeischauen. Wenn sie sich trauen, sind dort sogar einige vom Kurs dabei.

Text: Amelie Plato (Presse-AG EvB)

Bilder: Heike Blenk

 

 


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