Schwarzer Diamant vor grauen Regenwolken und andere skandinavische Design-Perlen

Der Start in die Studienfahrt des Kunstprofils war holperig: In der Nacht zuvor war gar nicht klar, ob der Zug wegen unvorhersehbarer Bauarbeiten überhaupt planmäßig fahren würde. Dann quetschten sich am nächsten Morgen wegen anderer ausgefallener Züge dreimal so viele Fahrgäste wie erlaubt in die Waggons. Wer keine Sitzplatz-Reservierung hatte, musste aber letztlich wieder raus – und so rollten die Großhansdorfer schließlich verspätet gen Dänemark.

Kopenhagen selbst empfing die 15 Mädchen und ihre zwei Lehrerinnen Christiane Balcerek und Heike Blenk mit massiven Regengüssen, so dass die Schuhe bereits nass waren, als man sich in der Lobby des Urban House Hostels den Regen von den Schultern schüttelte. Die geplante Stadt-Rallye fiel buchstäblich ins Wasser.

Aber all das tat dem Spaß an der Studienfahrt keinen Abbruch. Netto und Lidl wurden ausfindig gemacht – und dann konnte in der Gäste-Küche bergeweise dampfende Pasta zubereitet werden.

Am nächsten Morgen schien dann auch die Sonne. Ihr Licht spielte in den Blätterkronen der Bäume im Louisiana Museum für Modern Art und Kunstgeschichte-Studentin Maria konnte anschaulich demonstrieren, wie sehr der Außenbereich mit dem Innenbereich agiert und so ein ganzheitliches Erlebnis bietet. Franz Gertsch, William Kentridge, Alberto Giacometti und Louise Bourgeois machten ihre Aufwartung. Einen Fun Fact gab es auch: Der Name des Museums geht auf die drei Ehefrauen des Gründers zurück: „Sie hießen alle Louisa.“

Am nächsten Tag wieder ein Wetterumschwung – der Schwarze Diamant lag wie ein geschliffener Edelstein schwer und massiv vor grauen Regenwolken im Wind. Drinnen aber sorgten Hellholz und eine von Stahlträgern getragene Glasfassade für ein Gefühl der Leichtigkeit. Auch hier agierten Außen und Innen miteinander. Hier führte Geschichtsstudentin Nora durch durch milchiges Licht durchflutete Räume der Bibliothek.

Am wiederum von der Sonne beschienenen Schloss Amalienborg staunte das Kunstprofil über die Tatsache, dass über viele Generationen hinweg die schwedischen Könige immer im Wechsel Christian und Frederik geheißen haben. Der jetzige König Frederik war sogar anwesend, wie die gehisste Flagge auf dem Dach signalisierte. Auch zu bestaunen war der aufwändige Wachwechsel der befellmützten Wachen.

Vor erneutem Regen konnten sich Schülerinnen und Lehrkräfte ins Design Museum retten. Möbeln, Lampen, Geschirr und Vasen der dänischen Moderne waren zu sehen. „Einrichten im schlichten nordischen Design kann ich mir gut für mich vorstellen“, stellte Lillith fest.  Zudem wurden die Besucher von interaktiven Ausstellungen empfangen. Man wurde gefragt nach den ganz individuellen Gedanken zur Zukunft. Was würde mit Indien passieren, wenn sich das Prinzip der Slow Fashion weltweit durchsetzt? Was macht es mit Menschen, wenn fast alle komplett remote von zu Hause arbeiten? Wie könnte man alte Menschen in Arbeit halten? Wie wolle man sterben? Futuristische Urnen standen zur Wahl. In einem Nebenraum zeigte ein dänischer Künstler Mode, die er zu den verschiedenen Regionen seines Heimatlandes entworfen hatte. Was hätte er wohl für Großhansdorf kreiert? Wäre das vielleicht ein Thema für eine Abitur-Aufgabe? Im Raum daneben konnte man an der Supermarkt-Kette Irma sehen, wie sehr auch ein Discounter Design bestimmen kann – beispielsweise durch Tüten- oder auch Produktdesign.

Das Water Culture House, eine riesige Bäderlandschaft, und das Örestad Gymnasium, das als Modell für innovative Bildungsarchitektur gilt, waren Thema.  In der Ny Carlsberg Glyptothek warteten Skulpturen aus vielen Jahrhunderten darauf, in die Sketchbooks gezeichnet zu werden. In einem gläsernen lichtdurchfluteten Atrium voller Palmen ließen sich dann die Eindrücke verarbeiten und vergleichen. Fast hätten sie das skandinavische Wetter vergessen. Aber dann mussten sie sich doch wieder die Jacken fester um die Schultern ziehen, die Regenschirme auspacken und den Böen trotzen, während vor dem Eingang noch ein Referat von Laureen, Merle und Lotta zum Kulturtempel zu hören war.

Manch einer fragte nach etwas mehr Freizeit – man sei ja nach so viel Kultur gar nicht mehr für einen Shoppingbummel im Strøget fit. Aber da blieb die Kurslehrerin standhaft: „Das ist eine Studienfahrt! Hier wird erst mal Kunst studiert“, lächelte sie bestimmt. Wobei natürlich doch auch der Skandi Style studiert wurde. „Die Däninnen tragen trotz des ungemütlichen Wetters zum Wollpullover Flipflops und Birkenstocklatschen“, stellte erstaunt Jule fest. Das eine oder andere Kleidungsstück wurde als Souvenir gekauft – und Lottas 18. Geburtstag ausgiebig gefeiert.

 

Sichtbar müde waren sie alle auf der Rückfahrt – von den frühen Frühstückszeiten und den langen Nächten – aber auch all den Eindrücken und Anregungen. „Zum Glück kann man ja relativ einfach wiederkommen und das Interessanteste vertiefen“, plante Merle schon mal. Aber erst mal ein ruhiges Wochenende – am Montag sollen ja auch bereits die Zeichnungen in den Sketchbooks präsentiert werden.

Text und Bilder: Heike Blenk

 

 

 

 

 


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