So viele „erste Male“

Das erste Mal einen eigenen Pass in den Händen zu halten: was für ein Gefühl muss das für Amos Msengi, den Schulleiter der Nkoasenga Secondary School in Tansania, und die Lehrerin Sarah Kamugisha gewesen sein! Seit diesem Tag, dem 25. März 2020, freuten sich die beiden auf die Einladung des Asante Sana Vereins nach Deutschland – und dann die bittere Enttäuschung: Corona! Der geplante Besuch musste mehrfach verschoben werden und nun, am 3. September 2024 war es endlich soweit. Das erste Mal im Flugzeug reisen, das erste Mal das eigene Land verlassen! Und dann - mit sechs Stunden Verspätung – endlich die Landung in Hamburg!   Hochsommerliche Temperaturen und eine erleichterte Delegation von Asante Sana begrüßten die Gäste herzlich. Die beiden Tansanier waren umschichtig bei Ilona Lowin-Jacobsen, Kathrin Lentz und Brigitta Carstensen aus dem Vorstand von Asante Sana privat untergebracht. So hatten sie die Möglichkeit,  Einsicht in verschiedene Haushalte, Familienstrukturen und Alltagsabläufe zu erleben.

Das erste Mal einen Geschirrspüler bestücken, das erste Mal eine Waschmaschine waschen sehen, das erste Mal zuverlässig warm duschen können, das erste Mal Vollkornbrot essen oder das erste Mal mit 130 km/h über die Autobahn gefahren werden auf glatten, gut asphaltierten Straßen. Das erste Mal in einem Kanu paddeln- welch ein Abenteuer! Das ersteMal mit den Füßen in der „eiskalten“ Ostsee plantschen (Wassertemperatur 18 Grad, für tansanische Füße gefühlt 5 Grad!) – so viele erste Male! Es war für beide überwältigend!

Höchst beeindruckend waren natürlich die Stadterkundungen in Hamburg mit Miniaturwunderland, Rathausbesichtigung, Mittagsandacht in der St. Michaeliskirche, der Blick vom Turm des Michel und vom neueröffneten Grünen Bunker, die Fahrt über die Elbe nach Finkenwerder sowie das Konzert in der Elbphilharmonie. Auch der Rundgang in Lübeck sowie die interessante Führung im Stormarnschen Dorfmuseum Hoisdorf vervollständigten das Bild unserer Heimat. Der Besuch des Volksdorfer Wochenmarktes war ein weiteres Highlight: so ordentlich waren alle Waren auf den Verkaufsständen angeordnet und lagen nicht auf Decken auf dem Boden. Die erste Verbesserungsidee schickte der Schulleiter gleich, versehen mit einem Foto, an den Bürgermeister des Ortes Nkoasenga. „Ohne Foto glauben sie mir das nie!“

Genauso imponierend waren aber auch die unzähligen kleinen Dinge, die sehr genau beobachtet und durchdacht wurden. Wie baut man hier die Häuser? Wie dick sind die Wände, woraus bestehen die Dachziegel? Wieso friert ihr nicht im Winter, wenn es kalt ist?  Die Ordentlichkeit und die vielen schönen Gärten wurden bewundert. Die Mülltrennung und -abfuhr ließen sich die beiden genau erklären. Wie das Pfandsystem für PET-Flaschen funktioniert erfuhr der Schulleiter im Selbstversuch. Wieso gibt es zehn verschiedene Sorten Kuhmilch im Supermarkt ? Es ist doch alles Milch?! Wir kamen auf das Überangebot in unseren Lebensmittelgeschäften zu sprechen, aber auch darüber, dass es viele bedürftige Menschen mit geringem Einkommen gibt, die berechtigt sind, bei den Tafeln Lebensmittel zu beziehen. Einen ganzen Tag, von 11-17 Uhr, packten die Tansanier bei der Meiendorfer Tafel im Rahmen eines eintägigen Praktikums kräftig mit an. Vom Ausladen der Lebensmittelkisten aus dem Laster, dem Sortieren der Ware bis zur Ausgabe an die Kunden durchliefen sie alle Stationen und wurden vom ehrenamtlichen Team und den Kunden freundlich aufgenommen.  

Auch wir Gastgebenden haben durch den Besuch aus Tansania und die Gespräche mit den Gästen viel gelernt. Uns ist wieder einmal bewusst geworden, dass in Deutschland vieles völlig anders, aber keineswegs alles besser ist als in Tansania!

Der freundliche Umgangston zwischen dem Kollegium und der Schülerschaft am Emil-von-Behring-Gymnasium fiel den beiden Gästen sofort auf. Die Schüler hörten aufmerksam zu, redeten nicht dazwischen und alles lief friedlich und harmonisch ab, so die Beobachtung der Gäste. 

Gleich am ersten Tag des Schulbesuches blieb der tansanische Schulleiter in der Pausenhalle vor der Nkoasenga Stellwand stehen und sah sein eigenes Foto. Ein gerade eingeschulter Fünftklässler beobachtete das, trat an uns heran, ließ sich die Situation kurz erklären, reichte Herrn Msengi spontan die Hand und sagte “Willkommen“! 

Im Unterricht beobachteten die beiden tansanischen Lehrkräfte Unterrichtsmethoden und die Ausstattung der Räume sehr genau. Sie trafen auf viele interessierte Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte und beantworteten geduldig deren Fragen.  

Musik ist in Tansania kein Unterrichtsfach und das Erstaunen über die Musiklehrerin, die sich „einfach mal so eben“ an das Klavier setzte war groß. Es wurde ein tansanisches Lied eingeübt, etwas Kisuaheli gelernt und dadurch die Partnerschaft zwischen den beiden Schulen für die Schülerinnen und Schüler direkt erlebbar. 

Der Empfang durch den  stellvertretenden Bürgermeister von Großhansdorf, Herrn Pitschmann, war von großem Interesse und großer Anerkennung gegenüber der bereits sechzehn Jahre währenden Schulpartnerschaft geprägt. Die Bitte des tansanischen Schulleiters, diese Unterstützung noch möglichst lange zu gewähren, wurde nach der Schilderung der tansanischen Verhältnisse in der Ansprache des Schulleiters sehr verständlich. Stolz nahmen Amos Msengi und Sarah Kamugisha das Geschenk der Gemeinde, die Großhansdorfer Fahne mit dem Waldreiter, entgegen. 

Am Ende des vierzehntägigen Aufenthaltes flogen die Gäste überwältigt von den vielen Eindrücken erschöpft und glücklich nach Hause zu ihren Familien, ihrem Kollegium und den Schülerinnen und Schülern zurück. Dort wollen sie erst den Lehrkräften und danach der Schülerschaft sowie den Eltern von ihren Erfahrungen in Deutschland berichten. Es gibt bereits Ideen, was sie gerne verändern möchten. Für den Unterricht und den Umgang mit Schülerinnen und Schülern sind viele neue Ideen im Gepäck, es soll aber auch weiter an der Sauberkeit des Schulgeländes gearbeitet werden. 

Nach der Rückkehr erhielten wir vom Schulleiter Amos Msengi diese Rückmeldung:

“Hello friends from Germany. Sincerely I appreciate your great hospitality and caring hearts. Your invitation has helped us to learn new things. This will bring more changes to our daily lives and will improve our working experiences at school. We have more to share with our colleagues in school and this will bring a positive impact on their teaching careers. Good memories of all the impressions will lead us into practice. We will use the little resources we have to bring changes to our families, school and the community at large. Changes take time but our visit to Großhansdorf will help us to gain gradual changes. 

Asante sana our friends. Be blessed. Amos”

 

Der Asante Sana Vorstand dankt allen Beteiligten, die mit Ideen für die Programmgestaltung, durch die Begleitung der Gäste und durch finanzielle Unterstützung dazu beigetragen haben, dass dieser Besuch zu dem wurde, was er war!

 

Text: Brigitta Carstensen und Kathrin Lentz

Fotos: Heike Blenk, Kathrin Lentz, Brigitta Carstensen

23.09.2024


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